Eine zeitgemäße Definition von rechts und links

Die linke Seite unseres Meinungsspektrums hat ein Problem mit dem Marketing. Das ist keine neue Diskussion und trotzdem beteilige ich mich daran, weil ich glaube, hier einen Beitrag leisten zu können. Ich möchte hier verschiedene bestehende Marketing-Strategien diskutieren und am Schluss meine Alternative vorstellen.

"Wir sind die empathischen/sensiblen/guten/moralisch handelnden Menschen"

Stimmt von der Tendenz her. Provoziert aber sehr viele Konflikte. Menschen von der rechten Seite oder andere, die sich nicht als links sehen, kann dieses Marketing stark verletzen und aggressiv machen. Natürlich kann man so dafür sorgen, dass die rechte Seite sich selbst diskreditiert, allerdings sollte man eigentlich danach streben, dass es weniger Aggressionen gibt. Deshalb ist dieses Marketing in der Praxis nicht gerade sensibel oder moralisch und das wird auch gemerkt.

"Wir wollen alles gleichberechtigt/demokratischer machen"

Auch das stimmt von der Tendenz her, sogar deutlich. Allerdings bildet es nicht die ganze Realität ab. Es gibt einige Strömungen, die sich ohne viel Gegenrede links nennen können, dazu gehören Radikalfeminist:innen, die ein Matriarchat anstreben, gewaltbereite Linksextremisten, die Selbstjustiz üben und sich gleichzeitig gegen Polizeigewalt aussprechen, oder auch Verfechter autoritärer realsozialistischer Staaten. Genau diese Menschen sind es aber, die in den Köpfen vieler nicht-linker Menschen sehr präsent sind und das Framing mit der Demokratie und Gleichberechtigung scheinheilig wirken lassen.

"Wir wollen maximale individuelle Freiheit"

Auch das stimmt in der Tendenz. Allerdings ist dieses Narrativ sehr leicht mit

anarchokapitalistischem Populismus zu unterwandern. Wer die individuelle Freiheit als Ideal hat, wird in vielen Fällen erstmal für Deregulierung sein, selbst dann, wenn er weiß, dass die Freiheit an der Nase des anderen endet. Hier muss jede Regulierung, auch dann, wenn sie dem Gemeinwohl dient, mühsam gerechtfertigt werden.

Mein Vorschlag

Für die zielführendste Definition der linken Seite halte ich die, dass sie sich für Benachteiligte einsetzt, denn das ist die Gemeinsamkeit aller Strömungen, während sich die rechte Seite für die Erhaltung oder Stärkung von Hierarchien und Privilegien einsetzt. Wir sollten akzeptieren, dass es auf der linken Seite Bevorzugungen bestimmter benachteiligter Gruppen gibt, genau wie es auf der rechten Seite Bevorzugung privilegierter Gruppen gibt. Gleichzeitig kann man sich von diesen Bevorzugungen abgrenzen und trotzdem links nennen. Z.B. kann man sich radikaldemokratisch nennen. Die Radikaldemokratie kann sich dadurch als eine Art Mitte inszenieren als Gegengewicht zu "rechten Mitte" des komplett deregulierten Marktes. So zeigt man auch, dass man als Radikaldemokrat:in keine Angst vor dem Verfassungsschutz haben muss.